Patricia Nussbaum

über das Werk von

Marlise Mumenthaler

Ein Ballett durch Raum und Zeit

Wie wenn der Verführungskraft einzelner Bilder nicht zu trauen wäre: Oft setzen sich die künstlerischen Arbeiten von Marlise Mumenthaler aus mehreren verschiedenen Bildern zusammen. Jedes einzelne Element dieser Sequenzen könnte auch isoliert, für sich selbst bestehen. Das scheint ihr aber nicht zu genügen.
So führt sie uns beispielsweise über fünf Bildebenen auf ein Tanzparkett, wo ein Paar herumwirbelt «Tanz 3» (2002). Oder sie lässt uns auf sechs grossflächigen Fotografien die relative Unbegrenztheit des Schreitens einer einzelnen Person über ein Fussballfeld ermessen – gesehen aus der wechselnden Perspektive eines sich drehenden Riesenrads «Grosse Drehung 1 / auf dem Riesenrad» (1996/97). Das Interesse gilt offensichtlich dem zwischen den Bildern beschrittenen Weg und der dabei verstreichenden Zeit. Ob es dabei auch ein Ziel gibt?

In einer fotografischen Arbeit «Die Tellerträgerinnen» (1993) ist von links nach rechts ein kleines Mädchen in Gelb im Profil zu sehen, dann eine junge Frau mit wehendem rotem Gewand von vorn, eine Dame in Blau, leicht abgewandt, und schliesslich eine alte Frau wieder ganz im Profil und dem Licht zugekehrt: Allesamt stehen die Figuren vor unbestimmtem Landschaftshintergrund, tragen Teller vor sich her und blicken in die Zukunft: Von links nach rechts liest man, zumindest in der westlichen Welt, sowohl Schrift wie auch Bilder. Dass bei Marlise Mumenthaler in den meisten Arbeiten Frauen dargestellt wurden – bewusst handelnde, sich wendende, sich bewegende Frauen, oft in betont spiegelbildlichen und symmetrischen Bildfindungen – weist unmissverständlich auf eine feministische Haltung hin.
Allerdings sind die neueren Werke der Künstlerin komplexer und allgemeiner angelegt, die Zyklen immer wieder unterbrochen durch Einzelwerke, die etwas wie das Moment eines Innehaltens markieren. Wie wenn dem einzelnen Bild doch irgendwie zu wäre.